Nein, Bickenbach ist (noch) nicht (gänzlich) pleite. Es steht allerdings schlecht um die Finanzlage unserer Gemeinde. Ich erwarte, dass – wie in anderen Gemeinden schon geschehen – sehr bald zulasten aller BürgerInnen auch in Bickenbach Steuersätze erhöht werden müssen. Keine Sorge, das ist sicher kein Wahlkampfthema, sondern kommt nach der Bürgermeisterwahl am 8. Oktober 2023.
Nur noch wenige BürgerInnen lesen das „Darmstädter Echo“ und noch weniger BickenbacherInnen informieren sich anderweitig über Angelegenheiten aus der Kommunalpolitik. Leider ist das Interesse vieler BürgerInnen an der Kommunalpolitik eher gering, obwohl die Entscheidungen der Gemeindevertretung alle betreffen. Unser Bürgermeister berichtet gerne und häufig über die schönen Dinge des Lebens. Gerade jetzt, im Wahlkampfmodus, wird über die Planung einer neuen Sporthalle und andere teure und tolle Projekte gesprochen. „Man kann sich eine Sporthalle leisten, wenn man das will.“ (Zitat Markus Hennemann vom 15.07.2023).
Schlechte Nachrichten vermeidet man gerne!
Hier ein Einblick in die Realität:
Einer der größten Einzahler von Gewerbesteuern in Bickenbach hat seinen Betrieb nach den Worten des Bürgermeisters „steueroptimiert“. Dadurch muss unsere Gemeinde dauerhaft auf ca. 800.000 € pro Jahr an Gewerbesteuereinnahmen verzichten – jährlich! In diesem Jahr müssen zusätzlich die für das Jahr 2022 geleistete Vorauszahlungen an den Betrieb zurückgezahlt werden. Das ist enorm! In Zahlen: aktuell 2,7 Millionen € anstatt 5,2 Millionen € auf der Habenseite mit der Erwartung, dass wir am Jahresende bei 3,5 Millionen € anstatt 5,2 Millionen € liegen. Ein sattes Minus von 33 % zum Jahresende!
Für den Bürgermeister und seine SPD offensichtlich nicht der Rede wert, obwohl somit Ende 2023 ein Großteil der Rücklagen aufgebraucht werden müssen, um den gesamten Fehlbedarf des Haushalts auszugleichen. Nebenbei erfährt man, dass sich bereits beschlossene Projekte verschieben und die Gemeinde deshalb liquide bleibt. Altes wird nicht umgesetzt, Neues wird beschlossen. Auch ein Grund, warum wir aktuell überhaupt Rücklagen haben: Es wird einfach nichts umgesetzt oder wie es im Wahlkampf heißt: „Die Kommune handelt wirtschaftlich“.
In der aktuellen Berichterstattung des „Darmstädter Echo“ zu der Sitzung der Gemeindevertretung am 13.07.2023 wurde geschrieben, dass der Bürgermeister über die Misere berichtet hätte. Das entspricht so nicht ganz den Tatsachen! Ein Bericht des Bürgermeisters zu dem Thema Haushalt musste energisch eingefordert werden, da der Bürgermeister die Mitglieder der Gemeindevertretung in dem dafür vorgesehenen Tagesordnungspunkt eben nicht informiert hat. Er musste sozusagen „überredet“ werden, zum Haushalt Stellung zu nehmen. Die Sitzungsleitung war zu diesem Zeitpunkt schon zum nächsten Tagesordnungspunkt übergegangen.
Was wollte der Bürgermeister mit seinem Verhalten bewirken? Erst nach dem Beschluss der ihm wichtigen Projekte (zum Beispiel Sporthallenbau) über die desolate Haushaltslage berichten? Die Vorenthaltung wichtiger Informationen für weitreichende, haushaltsrechtlich relevante Entscheidungen kann gravierende Auswirkungen haben. Ein solches Verhalten untergräbt zudem das ohnehin schon beschädigte Vertrauensverhältnis gegenüber dem Bürgermeister und fördert nicht gerade seine Glaubwürdigkeit. Transparenz sieht jedenfalls anders aus!
Und die SPD-Fraktion? Dort bestand augenscheinlich kein Interesse, ein hastig ausgeteiltes Papier zur Haushaltslage mit weitreichenden Folgen in einer gut 20-minütigen Sitzungsunterbrechung vor der weiteren Beratung überhaupt zu lesen. Weshalb?
Bemerkenswert ist, dass dem Bürgermeister die Pläne des Gewerbebetriebs hinsichtlich einer „Steueroptimierung“ laut eigener Aussage bereits 2022 bekannt waren. Im Rahmen der Haushaltsberatung für 2023 gab es von Seiten des Bürgermeisters jedoch keine Informationen zu dem eventuellen Ausfall von Gewerbesteuern. Warum hält man solch wichtige Informationen bei Haushaltsberatungen zurück?
Aus diesen und anderen Gründen wurde die Beratung über den Bau der geplanten Sporthalle auf einen Zeitpunkt nach den Bürgermeisterwahlen zurückgestellt. Das Thema wird dann erneut in den Ausschüssen beraten. Bis dahin gibt es eventuell auch solide Informationen zur geplanten Halle und deren Finanzierung. Nur auf Basis dieser Informationen kann die Gemeindevertretung seriöse und haltbare Entscheidungen treffen.
(Alle Informationen in diesem Beitrag sind öffentlich; die Sitzung der Gemeindevertretung ist öffentlich; siehe Presseberichterstattung im Echo vom 17. Juli und 20.7.2023.)
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