Die Hessische Gemeindeordnung (HGO) ermöglicht es den Gemeindeparlamenten, zur Vorbereitung ihrer Beschlüsse Ausschüsse zu bilden. Ein Finanzausschuss muss gebildet werden. Die Ausschüsse wählen aus ihrer Mitte ihre Vorsitzenden. Aufgabe der Ausschüsse ist, der Gemeindevertretung entscheidungsreife Beschlussvorschläge zu unterbreiten. Die Ausschussvorsitzenden berichten der Gemeindevertretung mündlich über Inhalt und Ergebnis der Ausschussberatungen. Zu ihren Aufgaben gehört, im Benehmen mit dem Gemeindevorstand die Tagesordnung der Sitzungen festzusetzen.
Über lange Zeit hatte die Bickenbacher Gemeindevertretung drei Ausschüsse. Nach der Kommunalwahl 2011 wurde deren Zahl auf zwei reduziert mit den Themen „Haupt-, Finanz- und Sozialausschuss“ (HFS) und „Planungs-, Landwirtschafts- und Umweltausschuss“ (PLU). Im Juli 2023 wurde die Bildung eines dritten Ausschusses beschlossen unter dem Namen „Waldentwicklungskonzept-Ausschuss“ (WEK) – gegen die Stimmen der SPD-Fraktion.
Im Dezember 2023 hatte Carola Strubelt (KOMM,A) den Vorsitz im HFS niedergelegt. Seitdem gelingt es dem Ausschuss nicht, den Vorsitz neu zu besetzen. Niemand aus der Gemeindevertretung ist derzeit bereit, diese Funktion zu übernehmen und zur Wahl anzutreten. Die Gründe dafür sind vielfältig.
Im März 2024 stellte die SPD den Antrag, die Zahl der Ausschüsse wieder auf zwei zu reduzieren und die Mitgliederzahl von 7 auf 10 zu erhöhen. In der Begründung für diesen Antrag führten die SPD unter anderem aus:
Die SPD-Fraktion wolle „den Mehrheitsfraktionen aus dem aktuellen personellen Engpass ( ) helfen“.
Diese Argumentation fußt auf falschen Voraussetzungen, denn
Dies alles ist in der SPD-Fraktion bekannt.
Selbstverständlich haben auch die SPD-Fraktion bzw. deren Mitglieder ein Vorschlagsrecht zur Besetzung des Vorsitzes eines Ausschusses. Mit dieser Argumentation stiehlt man sich selbst aus der Verantwortung.
Seit vielen Jahren ist es in der Bickenbacher Gemeindevertretung üblich, gemeindliche Funktionen und Ämter auch Mitgliedern der Opposition anzubieten:
Die HGO kennt keine „Mehrheits“-Fraktionen.
Von der Antragstellerin wird suggeriert, es gäbe allumfassende Absprachen zum parlamentarischen Handeln durch zwei Fraktionen, die zusammengenommen rechnerisch eine Mehrheit bilden können. Seit Beginn der Amtszeit dieser Gemeindevertretung im April 2021 bezeichneten Mitglieder der SPD diese beiden Fraktionen stereotyp als „Koalition“, obwohl zwischen diesen ja lediglich eine Kooperation vereinbart worden ist.
„Eine Koalition (von lateinisch coalitio ‚Zusammenwachsen‘, ‚Vereinigung‘, ‚Zusammenschluss‘) in der Politik ist ein temporäres Bündnis politischer Parteien, politischer Gruppierungen und Parlamentsfraktionen. Parteien koalieren ( ) miteinander, um eine stabile Regierung zu bilden (Regierungskoalition). Dies ist (möglich), wenn – wie oft in politischen Systemen mit Verhältniswahlrecht – eine Partei oder Fraktion allein nicht über die dafür nötige absolute Mehrheit der Abgeordneten im Parlament verfügt.“
[Definition aus WIKIPEDIA]
Eine „Kooperation“ hingegen bezeichnet die punktuelle Zusammenarbeit – in unserem Fall zweier – Fraktionen zur Erreichung bestimmter, in einer Vereinbarung beschlossener Ziele. Bei allen anderen nicht vereinbarten Themen handeln die Fraktionen frei und unabhängig voneinander.
Auch dies ist der SPD sehr wohl bekannt.
Wider besseres Wissen wird mit falschen Tatsachenbehauptungen versucht, die Konkurrenz in Misskredit zu bringen. Mit der Befeuerung dieser Legenden wird den Fraktionen von CDU und KOMM,A der „Schwarze Peter“ für politische Probleme in der Gemeinde Bickenbach zugeschoben.
Solche Argumentationen und Verhaltensweisen sind verantwortlich für die schlechte Stimmung in der Bickenbacher Gemeindevertretung.
Nun könnte man dies alles als interne Probleme der politischen Akteure, die mit viel Wortgeklingel ventiliert werden, abtun. Zu einem ernst zu nehmenden Fall wird die Angelegenheit durch unbedachte Übernahme der falschen Tatsachenbehauptungen in der Berichterstattung der Lokalpresse. Im Vorfeld der Sitzung der Gemeindevertretung widmete das Darmstädter Echo alleine diesem SPD-Antrag eine von zwei Spalten und erläuterte dazu: „Der Haupt-, Finanz- und Sozialausschuss hat derzeit keinen Vorsitzenden, da CDU und Komma als Mehrheitsfraktionen keinen Wahlvorschlag machen.“ Auch beim Darmstädter Echo ist die kommunalrechtliche Seite der Angelegenheit bekannt…
Das alles erinnert an die Berichterstattung des Darmstädter Echo nach der Kommunalwahl 2021 unter der Überschrift: „CDU und Komma stellen SPD kalt – Neue Partnerschaft verändert die Arbeit in der Bickenbacher Gemeindevertretung erheblich“.
Das ist keine seriöse Berichterstattung, das grenzt an Stimmungsmache…
Bickenbach im Mai 2024
Ulrich Friedrich Koch