I. Zur Lage unserer Gemeinde
Die Entscheidung über die gemeindlichen Finanzen ist die erste Aufgabe eines Gemeindeparlaments. Über der Nabelschau sollten die Relationen nicht verloren gehen. Global betrachtet geht es uns gut. Bickenbach ist aber keine Insel der Glückseligen:
Gemeinden stehen in unserem Land auf der untersten demokratischen Hierarchieebene.
Im Auftrag der Bürgerschaft planen wir heute die Verwendung unserer Finanzmittel. Der vorliegende Haushalt 2022 ist der erste der neugewählten Gemeindevertretung.
II. Haushaltsberatungen
′Haushaltsberatungen’ bedeutet für uns in der Gemeindevertretung: Suche nach Deckungsmitteln zur Finanzierung der Wünsche der Bürger:innen und der parlamentarischen Fraktionen.
Der finanzielle Spielraum in Bickenbach beläuft sich laut Bürgermeister aktuell auf etwa 300.000 von 13 Mio Euro. Das sind gerade einmal knapp über 2 % des gesamten Haushaltsvolumens. Alle anderen Ausgaben sind festgelegt durch Gesetze, Abgaben, Verträge, Beiträge oder Umlagen, hier speziell Kreis- / Schul- und Gewerbesteuerumlage, oder enthalten Personalausgaben und Ruhestandsbezüge.
Die finanzielle Ausstattung der Gemeinden ist nach wie vor nicht ausreichend, sie ist miserabel. Als ′Trostpflaster’ bekommen wir Fördertöpfe vor die Nase gehalten. Dies bedeutet zweierlei: Die Gemeinden nehmen teil an einer Antragslotterie unter der Bedingung, dass Maßnahmen gegenfinanziert werden müssen. Die Abwicklung der Förderregularien ist meist personalintensiv und verursacht so weitere Kosten, bevor ein Nutzen realisiert werden kann.
Zwei Themen belegen schlaglichtartig die fatale Situation, wie Gemeinden alleine gelassen werden:
Die Gemeinden haben die Alternative, wie sie die Kosten dafür stemmen wollen: über Beiträge oder die Anhebung von Gemeindesteuern – also die Wahl zwischen Pest und Cholera. Dabei ist die Herstellung gleicher Lebensverhältnisse eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die unabhängig von der aktuellen Finanzlage einer Gemeinde geregelt sein sollte!
III. Schwerpunkte der Finanzplanung für das Jahr 2022
Mit dem vorliegenden gemeinsamen Änderungsantrag von CDU, FDP und KOMM,A und unserer Zustimmung zum so geänderten Haushaltsplan 2022 verbinden wir wichtige Zielsetzungen für unsere Gemeinde.
Begegnungsräume
Neben der Pflicht, Spielplätze gut auszustatten, die Geräte zu erhalten und dem Wunsch nach einem Grillplatz wollen wir als Kür das Spielraumkonzept von Prof. Meyer aus dem Jahr 2004 weiterentwickeln. Dabei sind unseres Erachtens Lehren aus der misslungenen Planung für die sogenannte ′Neue Mitte’ genauso wie aus dem Desaster um die Skateboard-Anlage zunächst neben der Schule, später an der Peripherie neben den Bahngleisen zu ziehen. Wir wollen das gemeindliche Miteinander gestalten und hier generationenübergreifend denken und planen.
Planung / Ortsentwicklung
Zur Weiterentwicklung der Siedlungsplanung in unserer Gemeinde bieten sich zwei Flächen an: Die ′Bachgewann’, deren Entwicklung etwa um 2015 wegen infrastruktureller Defizite ausgesetzt worden war, und der ruhende B-Plan in der Nähe Seniorenresidenzen, der Ende der Neunziger Jahre auf Wunsch der Firma Precon (Deutsche Gesellschaft für gesundes Leben) für deren Planung einer Europazentrale beschlossen worden war. Im Zusammenhang mit der anstehenden Beratung um die Fortentwicklung des Flächennutzungsplans der Gemeinde Bickenbach bietet sich hier die Chance für eine zukunftsfähigen Weiterentwicklung unserer Gemeinde.
Verkehr
Erklärtes verkehrspolitisches Ziel von KOMM,A ist die Förderung bzw. Weiterentwicklung des ′Umweltverbundes’. Für das kommende Jahr wünschen wir Befestigung des Waldwegs östlich der Straße Im Leierhans zwischen Pfungstädter Straße und Erbsengasse mit einer wassergebundenen Oberfläche. In der damit zu erreichenden Stabilisierung der Wegfläche sehen wir einen Baustein zur Verbesserung der Verkehrsbeziehungen, speziell einen wichtigen Beitrag zur Schulwegsicherung.
Schulinsel / Bürgerhaus
Die ′Schulinsel’ ist ein zentraler Ort in Bickenbacher mit hohem emotionalem Rang. Dieser Bedeutung entsprechend hoch fallen die Kosten für die dort anstehenden Investitionen aus.
Für die Herrichtung der Außenanlage als Abschluss der Bürgerhaus-Sanierung waren noch in den Haushalt des jetzt zu Ende gehenden Jahres 200.000 Euro eingeplant worden. Mittlerweile belaufen sich die Kostenschätzungen auf 340.000 Euro. Diese Planung ist gefährdet einerseits finanziell durch weitere Kostensteigerungen, andererseits praktisch durch den vom Kreis Darmstadt-Dieburg in naher Zukunft geplanten Neubau der Schulsporthalle inklusive Erweiterung auf eine Zwei-Felder-Halle. Die voraussichtliche gemeindliche Kostenbeteiligung an der Sporthalle zur Verbesserung der Situation des Vereinssports in Höhe von 2,3 Mio. Euro wird die kommenden gemeindlichen Haushalte stark belasten. Die schon vor zwei Jahren versprochene Verkehrsberuhigung für geplante Kosten in Höhe von 80.000 Euro hat sich weiter verzögert. Wir warten auf Konzept bzw. Planung. Vom Grunde her werden alle diese Planungen von KOMM,A mitgetragen – Abweichungen in Details sind jedoch nicht ausgeschlossen.
Feuerwehr
Die Fortschreibung der Bedarfs- und Entwicklungsplanung für die Bickenbacher Feuerwehr ergab den dringenden Bedarf für den Neubau des Gerätehauses. Das vorhandene Gebäude ist sanierungsbedürftig, am aktuellen Standort aber nicht mehr bedarfsgerecht sanierbar. Dies wird die Gemeinde in den kommenden Jahren nach ersten Schätzungen voraussichtlich 4,5 Mio. Euro kosten. Nach dem ersten Schock und der Einsicht in die Notwendigkeit können wir darin aber auch eine Chance für Entwicklung Ortsmitte sehen! Lassen Sie uns dabei gemeinsam die bei der Planung für die ′Neue Mitte’ gemachten Fehler vermeiden.
Personal
Der mit dem Haushaltsplanentwurf vorgelegte Stellenplan sah keine Veränderung vor. Im Vorfeld der Haushaltsplan-Beratungen wurde bekannt, dass es in der Gemeindeverwaltung eine erhebliche Anzahl von Überstunden, angehäuft seit dem Jahr 2016 gibt. Im Zusammenhang mit der Vorlage eines neuen Organigramms – nach fast 4 Jahren Amtszeit Bürgermeister Hennemanns – wurde als Vorläufer ein Geschäftsverteilungsplan noch aus Zeit von Bürgermeister Schemel stammend vorgefunden. Die Arbeitsplatzbeschreibungen für das Gemeindepersonal lagen vor einem Jahr noch nicht komplett vor. Weder der Bürgermeister als Leiter der Verwaltung noch der Gemeindevorstand hatten aber eine neue Stelle beantragt. Strafverschärfend kommt hinzu, dass zzt. keine Personalvertretung existiert.
Trotz erheblicher Kritik an diesen Zuständen unterstützt auch KOMM,A mit dem gemeinsamen Antrag die Neuschaffung einer Vollzeit-Stelle in der Gemeindeverwaltung.
Damit wollen wir einen Beitrag leisten zur Erhöhung der Arbeitszufriedenheit unter den Angestellten der Gemeinde und damit der Leistungsbereitschaft der Verwaltung insgesamt.