vorgetragen anläßlich der Sitzung des Gemeindeparlamentes am 12. November 2024
Nachfolgend finden Sie das Redemanuskript meiner persönlichen Erklärung zur Mandatsniederlegung. Diese wurde aufgrund von Zeitgründen und der Wahl der freien Rede nicht im Wortlaut verlesen.
Sehr geehrte Anwesende,
liebe Gäste,
vor ziemlich genau 9 Jahren, kurz nach meinem Zuzug nach Bickenbach, habe ich angefangen, mich hier im Ort politisch zu engagieren. Auslöser für mein Engagement war die damalige Auseinandersetzung um den Kolossalbau gegenüber dem Rathaus. Es ist eventuell Ironie des Schicksals, dass auch heute über ein Vorhaben mit gewissen Ähnlichkeiten beraten wurde. Jedenfalls endet heute mein politisches Engagement für die Gemeinde. Dafür gibt es viele Gründe. Einige sitzen hier im Saal.
Es war schon damals schockierend zu sehen, wie leichtfertig und aus meiner Sicht naiv und ignorant mit der Thematik der Neuen Mitte, mit Fakten, Nöten, Sorgen und Fragestellungen umgegangen wurde. Noch schockierender empfand ich den arroganten – um im Sprachgebrauch der SPD zu bleiben (Artikel Seniorenbeirat) – Umgang mit der Bevölkerung. Anstatt auf die Bedenken zuzugehen berief man sich auf seine Stellung im so genannten „Hohen Haus“ und drohte Bürger*innen mit rechtlichen Konsequenzen, wenn gelegentlich die Emotionen hochkochten und eine unglückliche Wortwahl in die Debatte geschmissen wurde. So hatte ich mich zunächst viele Jahre in einer Bürgerinitiative engagiert und bin konsequenterweise 2021 in die Kommunalpolitik eingestiegen. Auch ich wurde damals von Mitgliedern des damaligen Parlamentes und Gemeindevorstandes auf Infoständen der Bürgerinitiative wüst angegangen.
Es ging 2021 nach der Kommunalwahl dann nahtlos weiter. Die neuen Mitglieder im Parlament wurden damals vom Fraktionschef der SPD persönlich attackiert und aufgrund Ihrer Unerfahrenheit in Sachen Kommunalpolitik lächerlich gemacht. Es wurde keine Gelegenheit ausgelassen, Menschen zu diskreditieren. Selbst die erste Beigeordnete der Gemeinde Bickenbach blieb von den Angriffen des Fraktionschefs der SPD nicht verschont.
Heute, insgesamt 9 Jahre später, hat sich bei einigen Politiker*innen leider immer noch wenig geändert. Die Dinge wiederholen sich fast eins zu eins. Einiges ist teils noch schlimmer geworden. Es wird Bürger*innen weiterhin gedroht, anstatt eigene Verhaltensweisen und Entscheidungen zu reflektieren. Es ist bezeichnend und schändlich, wie aktuell mit Uli Koch umgegangen wird, der sein halbes Leben in den Dienst der Bickenbacher Politik gestellt hat. Man könnte meinen, es ist vor allem seitens der SPD gewollt, die politische Arbeit unattraktiv zu machen, um mögliche politische Gegner und kritische Bürger*innen fern zu halten oder mürbe zu machen. Vermutlich ist das das einzige, bei dem die SPD einigermaßen erfolgreich ist.
Machtpolitik wird im Parlament in weiten Teilen grundsätzlich noch immer über Sachpolitik gestellt, Fakten und Bedenken werden weiterhin nur zu oft beiseitegeschoben, wenn diese nicht der eigenen Agenda oder der eigenen Klientel dienen. Auch hier spreche ich vor allem die SPD und den Bürgermeister an. Unter anderem Frau Riege-Barth von der SPD hat im vergangenen PLU klar gemacht, dass kritische Fragen unangemessen sind, da wir als ehrenamtliche Parlamentarier*innen doch nur Laien seien. In der Debatte um den sozialen Wohnungsbau folgten auf unsere inhaltlichen, technischen und wie sich herausstellte berechtigten Fragen zum Bebauungsplan seitens der SPD und dem Rathauschef sofort Unterstellungen, wir wären gegen sozialen Wohnungsbau. Vermutlich liegt ein entsprechender Zeitungsartikel beim Darmstädter Echo bereits in der Schublade. Wundern würde es nicht. Es sind ja immer die gleichen Verhaltensmuster.
Mir wurde von Bürgermeister Hennemann oft vorgeworfen, kein Vertrauen in die Verwaltung zu haben, weil ich unbequeme Fragen stelle, Dinge nicht einfach so hinnehme und mit Kritik nicht hinter dem Berg vorhalte. Weil ich Transparenz forderte. Weil ich unbequem bin. Weil ich Dinge wissen und verstehen möchte. Weil ich meinen Job als Gemeindevertreter ernst nehme und nicht alles abnicke. Es ist die Aufgabe des Parlamentes und somit auch meine Aufgabe, die Verwaltung durch Fragen zu kontrollieren. Das ist so gesetzlich geregelt. Wir sind das Kontrollorgan. Es ist nicht meine Aufgabe, nett zum Bürgermeister zu sein. Das Totschlagargument „Vertrauen“ wurde seitens des Bürgermeisters vor allem dann ins Rennen geworfen, wenn die eigenen Argumente knapp und die eigene Agenda gefährdet wurde. Es folgt dem typischen Verhaltensmuster der örtlichen SPD und seiner Führung: Isolieren und diskreditieren um von der inhaltlichen Auseinandersetzung abzulenken. Bürgermeister Hennemann agiert da sichtbar parteiisch und parteikonform.
Ich lasse gerechtfertigte Kritik durchaus zu und bin in der Lage, Fehler einzugestehen, diese zu korrigieren oder mich zu entschuldigen. Es ist mir bewusst, dass mein Umgangston mittlerweile nicht immer allen gefällt. Dieser kommt aber nicht von ungefähr. Als ehrenamtliche Laie verzichte ich lieber auf formale Korrektheit als auf die inhaltliche Auseinandersetzung, auch wenn diese ruppig ist. Bickenbach braucht keine Formalisten und Jasager. Davon gibt es bereits genug.
Um es ein für alle Mal klarzustellen: Ich habe sehr wohl Vertrauen in die Verwaltung und deren Mitarbeiter*innen und schätze deren Arbeit – auch wenn ich auch da oft kritische Nachfragen stelle. Korrekt ist, dass ich keinerlei Vertrauen in den Rathauschef und seinen Führungsstil habe. Die herrschende Intransparenz konnte ich mir so selbst nach den Erfahrungen mit der Neuen Mitte nicht vorstellen. Kritische Öffentlichkeit ist nicht gewollt, vielleicht sogar gefürchtet. Das Parlament wird oft mit gefilterten Informationsbrocken gefüttert, sofern es denn mal informiert wird – meist durch das Darmstädter ECHO. Dann soll es unter Druck immer schnell gehen und Entscheidungen übers Knie gebrochen werden. Und was passiert am Ende? Nicht viel…
Vielleicht war die Hoffnung, in Bickenbach Sachpolitik betreiben und Dinge gestalten zu können, naiv. Veränderungen scheinen nicht gewünscht zu sein und es wird seitens des Rathauschefs und dem Fraktionschef seiner Partei deutlich mehr Energie investiert, Gründe zu finden, Dinge nicht zu tun oder zu verhindern, als Lösungen zu erarbeiten, damit es vorangeht. Das ist frustrierend. Ein Veränderungsprozess oder zumindest der Wille dafür ist nicht erkennbar. Oft kommen gute Vorschläge schlicht von den falschen Personen oder Gruppierungen und werden deshalb kaputtgeredet oder nicht umgesetzt – selbst, wenn diese beschlossen sind. Selbstverpflichtung? Ziele und eine langfristige Agenda? Ortsentwicklung mit allem was dazu gehört? Fehlanzeige. Unnötig nach dem Willen vieler Parlamentarier*innen.
Es gibt bei all dem Frust und all der Enttäuschung aber auch Positives. Alte, längst abgebrochene Gesprächskanäle zwischen Fraktionen sind wiederbelebt worden. Eine zuvor undenkbare Kooperation zwischen KOMM,A und der CDU wurde ins Leben gerufen und auch die FDP wurde in den kontinuierlichen Austausch mit eingebunden. Gerade in dieser Konstellation gab es meist einen sehr guten Austausch, fair und auf Augenhöhe. Auch und gerade bei unterschiedlichen Meinungen. Das Beispiel zeigt, dass eine Zusammenarbeit zwischen noch so unterschiedlichen Gruppierungen und Menschen mit unterschiedlichen Meinungen funktionieren kann. Dabei geht es vor allem um den Austausch, die Lösungs- und Kompromisssuche. Auch wenn dies nicht immer gelingt. Es geht nicht um das kompromisslose Durchsetzen von Mehrheiten.
Bei der angeblich doch so Sozialen Partei Deutschlands scheint es dagegen nur eine Meinung zu geben, deren alle folgen. Nun vielleicht haben ja auch alle immer dieselbe Meinung. Es sei dahingestellt. Jedenfalls geht es deren Fraktionschef vor allem um Macht, Machterhalt und Stellung. Dafür wird alles getan. Ein Diskurs mit der SPD ist aktuell undenkbar und vor allem mit deren Fraktionschef dauerhaft nicht mehr möglich und gewünscht.
KOMM,A hat schon immer viele Impulse gesetzt, die Entscheidungen beeinflusst haben. Wir haben wichtige Projekte mit unseren Stimmen unterstützt und selbst eine große Zahl an Anträgen gestellt und Beschlüsse erreicht. Wir haben immer kritische Fragen gestellt und sind an Themen immer von der Sachebene kommend drangeblieben. Das hat an der ein oder anderen Stelle vielleicht auch bei anderen zum Nachdenken und Handeln geführt. Leider viele Beschlüsse vom Bürgermeister nicht umgesetzt. Man muss dem Rathauschef lassen, dass er es versteht, Dinge, die ihm nicht passen, auszusitzen. Leider ist er damit viel zu oft erfolgreich.
Was in der Bickenbacher Politik passiert, ist nicht meine Welt. Die negativen Dinge überwiegen leider das Positive in einem für mich nicht mehr heilbarem Verhältnis. Wären die gemeindlichen Gremien eine Firma, hätte ich vermutlich von selbst bereits in der Probezeit gekündigt. Es gab aber seinerzeit viele Gründe und die Hoffnung auf Veränderung, die mich weitermachen liesen. Mittlerweile habe ich das Vertrauen in die Kommunalpolitik in diesem Ort verloren und empfinde die parlamentarische Arbeit als Last, stellenweise als pure Zeitverschwendung – auch wenn das hart klingt und die Aussage der ehrenamtlichen Arbeit vieler Mitglieder von Gemeindeorganen nicht gerecht wird. Ich sehe für mich keine Möglichkeit mehr, meinen Wähler*innenauftrag in diesem Umfeld weiter zu erfüllen. Gegenüber dem Bürgermeister empfinde ich großes, unüberwindbares Misstrauen. Unter anderem gegenüber dem Fraktionschef der SPD empfinde ich eine tiefe Abneigung. Das trübt vielleicht meine Sicht auf Dinge und beeinflusst auch zunehmend mein Verhalten und meine Gesundheit. Das werde ich nicht weiter zulassen.
Deshalb lege ich hiermit mit sofortiger Wirkung mein Mandat als Gemeindevertreter und alle damit verbundenen Funktionen und Ämter nieder.
Auf Wiedersehen.