Als Fraktion KOMM,A setzen wir uns seit je her für größtmögliche Transparenz ein und veröffentlichen – sofern uns das möglich ist – wichtige Kommunikation und Dokumente aus der politischen Arbeit. Nur über einen offenen Umgang mit Information kann eine sachgerechte Debatte stattfinden und am Ende einer solchen Debatte ein Ergebnis stehen.
So auch im Umgang mit der „Neuen Mitte“.
Bereits seit Juni 2020 drängen wir auf Veröffentlichung eines Schriftwechsels zwischen der Gemeindeverwaltung und dem Regierungspräsidium Darmstadt zur Thematik rund um die Bebauungsdichte der „Neuen Mitte“. Basierend auf diesem Schriftwechsel kommt die Gemeinde Bickenbach zum Schluss, dass das Regierungspräsidium Darmstadt die Pläne für die „Neue Mitte“ gutheiße und auch kein sogenanntes Zielabweichungsverfahren notwendig sei. Dies ist so auch sinngemäß in den bisher erfolgten Abwägungen im Rahmen der Offenlagen festgehalten worden.
Der Schriftverkehr (RPDA – Dez. III 31.2-93 d 52.06/1-2020/1, Dok.-Nr.: 2020/467837) wurde bisher nicht veröffentlicht. Tatsächlich wurde das Schreiben im Ältestenrat, einem nicht-öffentlichen Gremium, verteilt. Somit ist zwar einzelnen Personen der Inhalt des Schreibens bekannt, Eingang in die öffentliche Debatte und Auseinandersetzung um die „Neue Mitte“ hatte das Schriftstück jedoch nicht.
In verschiedenen Redebeiträgen wurde in öffentlicher Debatte immer wieder hervorgehoben, dass man sich mangels eigener Expertise und eigenem Fachwissen auf die Einschätzungen und Hinweise der Träger öffentlicher Belange verlassen muss.
Als Fraktion KOMM,A haben wir deshalb nochmals direkt beim Regierungspräsidium Darmstadt nachgefragt und unsere Sorgen und Bedenken zum Ausdruck gebracht (Siehe Anlage zu diesem Beitrag).
Am 03.05.2021 haben wir folgende Antwort des Regierungspräsidium Darmstadt erhalten. Die Erlaubnis, diese Antwort zu veröffentlichen, liegt uns vor.
Sehr geehrter Herr Weisbarth,
vielen Dank für Ihr Schreiben vom 26. April 2021, das Herr (…) mir als für die Kommunen des Landkreises Darmstadt-Dieburg zuständige Bearbeiterin mit der Bitte um Beantwortung weitergeleitet hat.
Ihre Sorgen hinsichtlich der mit der Bauleitplanung „Nördlich der Darmstädter Straße, 1. Änderung“ einhergehenden starken Nachverdichtung in der Ortsmitte von Bickenbach sind nachvollziehbar. Es kann durchaus in Frage gestellt werden, ob sich die geplante Ausweisung eines urbanen Gebietes in der Ortsmitte des Kleinzentrums Bickenbach und die mit der Nachverdichtung verbundenen Infrastrukturmaßnahmen als eine städtebaulich sinnvolle Entscheidung erweisen, doch obliegt diese Entscheidung letztlich der kommunalen Planungshoheit der Gemeinde Bickenbach.
Wie Ihrem Parteikollegen, Herrn Koch, im Zuge ähnlicher Anfragen bereits mitgeteilt, unterfällt diese innerörtliche Planung nicht den regionalplanerischen Dichtevorgaben des Ziels Z3.4.1-9 des Regionalplans Südhessen/Regionalen Flächennutzungsplans 2010.
Unabhängig davon, wie viele Wohneinheiten im Geltungsbereich des Bebauungsplanes nun konzipiert und künftig tatsächlich entstehen werden, findet Ziel Z3.4.1-9 des Regionalplans Südhessen/Regionalen Flächennutzungsplans 2010 nach der Rechtsprechung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vorliegend keine Anwendung, da die Regelung danach ausschließlich für die Erschließung neuer Baugebiete im Außenbereich gilt. Dies wurde der Gemeinde Bickenbach auf Ihren Antrag auf Zulassung einer Abweichung von eben diesem Ziel mit dem von Ihnen zitierten Schreiben vom 3. Juni 2020 ausdrücklich auch so mitgeteilt. Insofern mag die in der Begründung zum Bebauungsplanentwurf noch immer enthaltende Berechnung der Wohneinheiten eher zu Irritationen, denn zur Klarstellung dienen. Ich werde die Gemeinde Bickenbach in jedem Fall bitten, Ihnen, d. h. den politischen Gremien, mein Schreiben vom 3. Juni 2020 für Ihre weiteren Beratungen und Entscheidungen zur Verfügung zu stellen.Als Träger öffentlicher Belange habe ich im Rahmen der erneuten Offenlage des Bebauungsplanentwurfs bereits mit Schreiben vom 15. April 2021 zu dem geänderten Planentwurf Stellung genommen und dabei erneut festgestellt, dass die Planung unverändert im Sinne von § 1 Abs. 4 BauGB als an die Ziele der Raumordnung angepasst angesehen werden kann.
Ob eine an die Ziele der Raumordnung angepasste Planung auch gleichzeitig eine städtebauliche sinnvolle Maßnahme darstellt, ist eine Frage, die – wie gesagt – nicht meiner Beurteilung bzw. Befugnis unterliegt, sondern die es auf kommunaler Ebene im Rahmen der kommunalen Planungshoheit zu be- und verantworten gilt.
In der Hoffnung, dass die Planung „Nördlich der Darmstädter Straße, 1. Änderung“ zu einer für die Gemeinde Bickenbach guten und nachhaltigen städtebaulichen Entwicklung beiträgt, verbleibe ich
mit freundlichen Grüßen
Im Auftrag
(…)
Dezernat III 31.2 – Regionale Siedlungs- und Bauleitplanung, Bauwesen
Im weiteren Verlauf wurde die Gemeinde Bickenbach vom Regierungspräsidium Darmstadt gebeten, das Originalschreiben den Fraktionen zur Verfügung zu stellen. Dies ist bis heute nicht geschehen.
Unsere Bewertung der Antwort des Regierungspräsidium Darmstadt:
Für uns als Fraktion KOMM,A ist es bemerkenswert, dass das Regierungspräsidium Darmstadt die aktuelle Planung durchaus in ihrer Sinnhaftigkeit in Frage stellt. Bisher wurde seitens der Gemeinde sinngemäß dahingehend argumentiert, dass das Regierungspräsidium Darmstadt die Planung für gut befinden würde.
Ebenso dürfte die Klarstellung für alle Gemeindevertreterinnen und Gemeindevertreter hilfreich sein, dass die Art und Weise (hier: die Bebauungsdichte) der Bebauung alleinig durch die Gemeinde und somit durch das Parlament abgewogen und festgelegt wird.
Durch den gerichtlichen Wegfall des Zieles Z3.4.1-9 des Regionalplans Südhessen/Regionalen Flächennutzungsplans 2010 gibt es keine prüfende Instanz mehr. Ein Zielabweichungsverfahren ist deshalb nicht notwendig, da es das Ziel als solches nicht mehr rechtsverbindlich gibt.
Die Frage wird nunmehr aufgeworfen, ob eine diesbezügliche Klärung im Vorfeld in den Gremien hätte kommuniziert werden können oder sogar müssen. Wenn man sich mangels eigener Expertise auf die Einschätzungen von Träger öffentlicher Belange verlässt, diese aber nicht zuständig sind und den Ball zurückspielen, man selbst jedoch davon nichts weiß, so ist das äußerst kritisch zu sehen.
Unsere Anfrage an das Regierungspräsidium Darmstadt: